Wann hast Du das letzte Mal mit deiner Familie, also mit Mama und Papa, zwei Wochen unter einem Dach gewohnt? Oder hast Du je schon einmal mit deinen Freunden zwei Wochen in einem Haushalt verbracht? Nicht im Urlaub, sondern unter dem Aspekt, dass die eine Partei Urlaub hat und die andere Partei im normalen Alltagswahnsinn steckt… Es ist eine Herausforderung, aber auch eine tolle Erfahrung. Am allerwichtigsten ist es, vorab bereits die unterschiedlichen Ausgangslagen zu verdeutlichen.
Fangen wir mal mit dem Aufenthalt bei Mama und Papa an.
Ein Beispiel dazu:
Im Sommer 2020 stand unser Umzug nach Dubai an. Das Haus war verkauft, unser Hab und Gut in einem Container untergebracht. Übrig sind wir vier mit Hund und mit vier Koffern, vier Mal Handgepäck und einem Mietwagen und drei Wochen frei bis zum Abflug. Eine anstrengende Zeit des „Abbruchs“ liegt hinter uns, wir befinden uns nun im Aufbruch. Wegen Corona keine Möglichkeiten noch irgendwo Urlaub zu machen. Außerdem tief in unserem Bewusstsein, dass wir ebenfalls wegen Corona, unsere Familie leider nicht so schnell wiedersehen können, wenn wir erstmal weg sind. Somit ist sehr schnell klar, wir verbringen die Zeit noch bei und mit der Familie. Das Haus meiner Eltern ist zum Glück geräumig genug und hat einen großen Garten. Meine Oma wohnt auch noch mit im Haus, alle unter einem Dach. Und nun auch noch wir darunter, unterm Dach, für die nächsten drei Wochen. Wir befinden uns in der glücklichen Lage, dass mein Mann und ich ein geräumiges Zimmer im Dachgeschoss haben und die Kinder ebenso ihr eigenes gemeinsames Zimmer beziehen können. Jeder lebt in den Tag hinein. Jeder schläft solange er will, eventuell trifft man sich beim Frühstück, es sei denn natürlich, es ist vorab ein gemeinsames Frühstück vereinbart worden. Mittag- und Abendessen wird jeweils relativ spontan abgesprochen und organisiert. Wir sind da mittlerweile ein eingespieltes Team. Jeder kommt gut mit der Situation klar und Dank Garten, Sommer und dem großen hessischen Wald direkt vor der Tür, gibt es immer Zeit und Raum auch einmal auszubrechen.
Mal erledigen wir die Einkäufe, mal die Eltern, denn auch darüber muss nachgedacht werden, denn plötzlich wohnen vier Personen mehr im Haus und müssen verpflegt werden. Ich kann die Waschmaschine und den Trockner nutzen, aber genauso wird nachgefragt, ob noch jemand Wäsche hat, wenn eine Maschine ansteht. Es ist ein tolles, intensives Familien-Erlebnis und sicher ist jeder nach drei Wochen froh, auch wieder durchatmen zu können und seine eigene Ruhe und seinen eigenen Platz zu haben.
Dann gibt es natürlich noch die umgekehrte Situation. Wir sind die Raumgeber oder Gastgeber.
Gerade erst hatten wir unseren ersten Besuch in Dubai. Eine langjährige Freundin von mir, für uns alle gefühlt, ein Familienmitglied. Ein guter Testlauf für das, was die nächsten Jahre noch kommen wird.
Denn hier haben wir auch eine neue Situation für uns. Nicht nur, dass wir in ein neues Land gezogen sind, welches natürlich nach neun Monaten nicht mehr neu ist. Besuchstechnisch neu ist, dass unsere Kinder jetzt eine weiterführende Schule besuchen. Das bedeutet längere Schulzeiten, mit vielen verschiedenen Unterrichtsfächern, somit auch mehr Klassenarbeiten usw.
Und natürlich kommt Besuch meist nicht während unserer Ferien angereist, denn ganz bewusst, sind unsere Ferien natürlich auch unsere Zeit für Familienurlaub und Familienzeit. Also wird es viel häufiger vorkommen, dass Besucher in unsere Alltagszeit reisen, nicht nur in den Urlaub. Denn wenn man sich entscheidet, eine Familie im Alltag zu besuchen, ist das eine ganz besondere Grundvoraussetzung, die es zu verstehen gilt. Wir stehen morgens um 5:45 Uhr auf und die Routine kommt in Gange. Alles ist durchstrukturiert, damit das System Familie funktioniert. Und diese Routine kann nicht einfach ausgeschaltet werden, egal ob da eine, zwei, drei, vier oder gar mehr Leute anreisen. Ich kann versuchen, mich morgens leiser im Haus zu bewegen, nicht dreimal nach den Kindern zu rufen, damit sie die Zeit nicht vergessen, denn der Bus wartet nicht. Ich kann und werde nicht jeden Morgen ein Frühstück auftischen, denn das passt zeitlich nicht in meinen Tagesablauf. Ich frühstücke nämlich unter der Woche morgens nicht. Ich trinke meinen Kaffee neben meinen Arbeiten. Ich nehme mir irgendwann, wenn der Hunger kommt, meine 10 Minuten Zeit für mein Brot. Ich kann und werde gerne mal einen Morgen unter der Woche gemeinsam frühstücken, aber eben nicht täglich. Ich kann nicht meinen Alltag ruhen lassen, weil Besuch kommt. Ich kann nicht ständig meine Morgenroutine aus Sport, Haushalt, Arbeit und Erledigungen vernachlässigen, weil ich sonst unzufrieden werde und gestresst bin. Ich muss zu einer bestimmten Zeit das Essen der Kinder vorbereiten, denn die haben Hunger, wenn sie nach Hause kommen. Anschließend muss zu Zeiten von Hausaufgaben Ruhe im Haus sein, damit sich die Kinder konzentrieren können. Die Kinder haben Musikunterricht, Schwimm- oder Tennisstunden am Nachmittag, zu denen sie angemeldet sind, die bezahlt sind und zu denen wir auch gehen werden. Damit muss der Besucher leben. Meist läuft das absolut unkompliziert ab. Nach wenigen Tagen hat sich alles gefügt und eingespielt.
Aber dann kommt der Abend. Auch hier, die Kinder gehen um acht Uhr ins Bett und wir Eltern, die ihren Schlaf brauchen und lieben, auch wir werden zwischen 21 und 21:30 Uhr verschwinden und schlafen, denn früh am nächsten Morgen klingelt unser Wecker wieder.
Wenn man all das vorab ehrlich kommuniziert, ist die Ausgangslage für alle viel entspannter.
Was die Lage in Dubai nun natürlich noch viel mehr für uns entspannt, ist die Tatsache, dass die Besucher all die Ausflüge und Sehenswürdigkeiten sicher auf eigene Faust unternehmen können. Jeder kann ganz gelassen und vor allem sicher alle Ziele mit dem Taxi bezahlbar erreichen. Denn natürlich stresst den ein oder anderen vielleicht die 8-spurige Autobahn, so dass nicht alle einen Mietwagen nehmen möchten. Ich sehe dazu auch keine Notwendigkeit.
Das war in Johannesburg, Südafrika anders. Hier hatte man viel mehr noch ein Verantwortungsgefühl für seine Besucher. Und ich hätte niemanden guten Gewissens überall alleine hinfahren lassen und Taxifahren ist nicht wirklich üblich. Zumindest damals nicht, als wir dort waren. Somit habe ich immer ein abwechslungsreiches Programm für alle Besucher ausgearbeitet und die Reiseführerin inklusive Fahrerin gespielt. Und das mit größtem Vergnügen, denn es war eine tolle Rolle für mich und großartige Erfahrung. Und man muss sagen, wir hatten unendlich viele Besucher und ich habe unendlich viel von der Stadt Johannesburg gesehen. Jedes erdenkliche Museum und jeden Winkel der Stadt kenne ich. Was dort aber auch noch positiv hinzukam, es war alles günstig und bezahlbar. Eintrittsgelder waren gering, Frühstücken oder Mittagessen erschwinglich und somit kein Problem für mich, wenn ich die verschiedensten Höhepunkte vielleicht auch mehrere Male besucht habe.
Zudem kam in dieser Zeit hinzu, dass unsere Kinder noch in den Kindergarten gingen, sehr entspannte Spieltage hatten, keinen Schulstress und noch viel wichtiger keine Hausaufgaben. Wir konnten auch ohne Probleme, die Kinder einmal einen Freitag oder einen Montag abmelden und für ein verlängertes Wochenende mit dem Besuch gemeinsam in den Busch fahren. Was bedeutet, dass man auf eine Safari Lodge fährt und es sich gutgehen lässt. Und auch das war und ist in Südafrika erschwinglich. Und natürlich hatten wir mit unserer langjährigen Erfahrung dort auch schon ein Händchen dafür, nach Schnäppchen oder etwas Besonderem Ausschau zu halten. Da steckt dann doch immer noch und für immer tiefverankert, die Reiseverkehrskauffrau in mir. Und zudem war ja auch so ein Busch-Wochenende für uns als Familie immer wieder aufs Neue ein wunderschönes Erlebnis und die absolute Erholung.
Diese Situation ist natürlich in Dubai auch eine andere. Ich kann und werde nicht mit jedem Besucher auf den Burj Khalifa fahren können, den Tag in einem Wasserpark verbringen, Schlittschuhlaufen oder ins Aquarium gehen. Aber wie bereits erwähnt, ist es hier auch überhaupt kein Problem, wenn man all diese Highlights auf eigene Faust macht. Und eine Übernachtung im Hotel oder in der Wüste? Ja, wir haben das erlebt und werden es sicher auch in unserem Urlaub noch einmal machen, aber auch hier, sind die Preise nicht ohne und wir können und werden das nicht mit jedem Besucher machen können. Für uns ist natürlich auch unser Garten mit Pool der absolute Luxus und ein Traum. Hier finden wir Erholung, wenn wir abends alle noch eine Runde nach Arbeit und Schule plantschen. Oder ein Wochenende im Garten „unseres Ferienhauses“, grillen, chillen, lesen, plantschen – herrlich. Da will man gar nicht wegfahren. Das ist das, was andere für ihren Sommerurlaub in Kroatien, Italien oder Spanien buchen. Und es sind dann diese Wochenenden, an denen man gemeinsam intensive Zeit verbringen kann. Und sicher wird man das ein oder andere Mal auch unter der Woche abends gemeinsam zu einem entspannten Abendessen ausgehen, nur dann eben zeitlich immer auf die Bettzeiten der Kinder angepasst. Und da darf es dann auch mal eine halbe Stunde später werden, aber das sind dann eben Ausnahmen und keine Regeln.
Für die Kinder ist solche eine Zeit eine bewusst schöne Zeit, denn diese Besuche zeigen ihnen, dass egal wo auf der Welt man ist, Freunde und Familie einen nie vergessen und man immer in Kontakt bleiben kann. Für uns hat das natürlich schon ein ganz anderes Bewusstsein erreicht und das Verständnis davon ist voll und ganz da, aber Kinder müssen dies erst lernen, verstehen und eben am allerbesten erleben. Somit sind Besuche bei uns, als auch Besuche von uns bei Freunden und Familie etwas sehr Wichtiges.
Und nun kommt unser erster Sommer in Dubai und die Zeit naht, in der wir der Hitze entfliehen und uns nach Deutschland aufmachen werden. Dann heißt es wieder mit Mama, Papa und Oma Zeit unter einem Dach verbringen. Intensive Familienzeit. Herrlich schön.
Und was es für mich noch heißt, die Heimat der Kindheit wieder und weiter entdecken. Denn es ist unglaublich erstaunlich, was man in der alten Heimat alles neu entdecken und erkunden kann, wenn man als Besucher dorthin zurückkehrt, in den Urlaub.
Pures EntdeckerGlück. Ich freu mich drauf.
Zum Foto: Manchmal sind all die Gästezimmer nicht ausreichend… Wenn die Eltern mit Oma, zusammen mit Schwester und Mann und Neffe kommen, haben wir in Südafrika einmal kurzerhand einen Wohnwagen für zwei Wochen angemietet und vor der Garage plaziert. Man erlebt die tollsten Dinge mit Besuch.