Wenn man auswandert, besonders wie in unserer Situation, der Mann hat eine neue Jobherausforderung im Ausland angenommen und die Familie kommt mit, kommt so oft die Frage an mich: „Und, was machst du da so? Kannst du dort auch arbeiten?“
Vorab mal ganz ehrlich und offensichtlich: Ein Umzug auf einen anderen Kontinent ist etwas komplett anderes als der Umzug in eine andere Stadt im gleichen Land. Aber das ist sicher jedem klar. Und klar, mit jedem weiteren interkontinentalem Umzug kommt mehr Erfahrung, Routine und Gelassenheit. Aber trotzdem stehen all die extrem viele Erledigungen an, ob vorab oder nach dem Umzug, egal nach wie vielen Umzügen.
In unserer Familien-Situation haben wir uns ganz bewusst gemeinsam darauf geeinigt, dass ich mich zu allererst einmal um das wirkliche Ankommen der Familie kümmere. Mein Mann, der oft direkt in seinen Job startet, kommt generell von ganz alleine recht schnell in seiner Jobroutine an und braucht mich dafür nicht. Aber mit Kindern ist das natürlich etwas anderes, die brauchen viel Geborgenheit und Vertrautheit am Anfang und das bekommen sie erst einmal hauptsächlich in der Familie, denn alles andere um sie herum ist neu und unbekannt. Aber auch Kinder haben diesen Entdeckerdrang, so wie ich, man muss sie nur an die Hand nehmen und ein bisschen führen und begleiten.
Aber neben der Gefühlswelt der Kinder muss natürlich auch das Alltägliche wieder in eine Routine gebracht werden. Angenommen die Kinder kommen in eine neue Schule oder einen neuen Kindergarten, muss der Schulweg gesichert werden. Fährt ein Bus? Gibt es eine Kantine in der Schule? Gibt es Regeln, was in die Pausenbrotbox darf oder nicht? Einkaufslisten für Schulsachen abarbeiten, in einem Land, in dem man erst einmal herausfinden muss, wo man am geschicktesten Schreibwaren oder ähnliches kauft. Darf oder muss mit Füller geschrieben werden oder was ist an der neuen Schule üblich und von den Lehrern gewünscht? Eventuell muss eine Schuluniformen gekauft werden. Und so weiter und so weiter.
Damit aber nicht genug, wo können wir am besten Einkaufen? Wo gibt es eine Reinigung? Wo finden wir gute, nahgelegene Ärzte? Wo kaufe ich eventuell Elektrogeräte? Ein Telefon- und/oder Internetanschluss muss beantragt, Mobilfunkverträge müssen abgeschlossen werden, oft verbunden mit sehr viel Papierkram.
Als wir nach USA gezogen sind, hatten wir alle Elektrogeräte in Deutschland verkauft oder verschenkt, somit musste ich vom Toaster, über Fön und Staubsauger usw. alles neu erstehen. Die Ankunft des Containers muss vorbereitet werden, ja nach Lage, eine Genehmigung des Wohngebietes eingeholte werden oder überhaupt erstmal eine Unterkunft, sprich ein Haus gefunden werden. Bei unseren vorherigen Umzügen hatten wir immer einen sogenannten Lock and See Trip. In Milwaukee, Wisconsin haben wir glücklicherweise bei dieser Reise bereits eine Wohnung finden und anmieten können.
In Südafrika waren wir anfangs in einem Bed & Breakfast untergebracht. Ich habe mich dann daran gemacht, zusammen mit einer sehr netten, kompetenten Maklerin für uns ein Haus zu finden. Nachdem dieses gefunden war, geht dann eben die Organisation von Internet, Ankunft des Containers usw. los.
Beim Umzug nach Dubai waren ganz neue Gegebenheiten, denn aufgrund von Covid19 hatten wir nicht die Möglichkeit, einen Look and See Trip zu machen und sind somit komplett ins ungewisse Unbekannte gezogen. Dank moderner Medien hatten wir hier das Glück über den ein oder anderen alten Kontakt über Facebook hilfreiche Infos einzuholen. Die Firma hat uns für die ersten drei Monate in ein möbliertes Appartement eingebucht, denn unser Container mit allem Hab und Gut war noch in Deutschland eingelagert. Wenn man in ein möbliertes Appartement zieht und mit vier Koffern anreist, sind die Küchenschränke leer. Keine Gewürze, keine Butter, kein Käse, kein Essig oder Öl, keine Nudeln, kein Obst, keine Getränke, keine Milch, kein Kakao, kein Tee, kein Kaffee. Das allererste am nächsten Tag also: Einkaufen – Grocery Shopping. Und ich kann nur sagen, dass bei einem Grundeinkauf eine Menge zusammenkommt.
Was wir leider auch recht schnell festgestellt und vollkommen vergessen hatten war, für die Kinder ihre Getränkeflaschen und Brotdosen mitzunehmen. Also mussten wir für jeden zwei isolierte Flaschen neu erstehen, obwohl wir im Container eine ausreichende Menge der wahren Nobelversion an isolierten Getränkeflaschen hatten. Aber leider in Deutschland… (Seit Ankunft des Containers stehen nun vier qualitativ weniger hochwertige Flaschen sinnlos im Schrank herum.)
Nach der Schuleingewöhnungsphase mit Distance Learning in den ersten beiden Wochen, konnte ich mich anschließend langsam auf die Haussuche begeben, natürlich nur während die Kinder in der Schule waren. Viele Taxifahrten, viele Makler, viel Recherche und viele Häuser später, konnten wir unser Wunsch-Haus dann erst anmieten, nachdem endlich das Visum meines Mannes im Pass war.
Nun musste die Ankunft des Containers vorbereitet werden, denn eventuell braucht man eine Genehmigung für die Anfahrt zum Haus und es muss geklärt werden, wo dieses riesen Ungetüm für den Dauer des Entleerens stehen kann.
Irgendwann ist er dann plötzlich da, der GROSSE TAG, an dem der Container angeliefert wird. Ein Tag wie Weihnachten, Geburtstag und Ostern zusammen. Mann auf der Arbeit, Kinder im Schulalltag mit Hausaufgaben und ich mit den Packern und dem 40´High Cube Container zwei Tage im Auspack-Wahn. Die Packer verräumen in einem irrwitzigen Tempo nach meinen Anweisungen die Kisten in die vorab mit Namen beschrifteten Zimmer, packen alles aus und füllen nach keinem Konzept vorab aufgebaute Regale oder Schränke mit dem Inhalt der Kisten.
Und wenn nach zwei Tagen, alle Möbel aufgebaut und an ihrem vorgesehenen Platz stehen, alle Kisten ausgepackt sind, aber der Inhalt nicht am vorgesehenen Platz steht, wenn unendliches Packmaterial aus Haus und Hof entsorgt wurde, heißt das noch lange nicht, dass man eingezogen ist. Denn über die nächsten Tage heißt es für mich jedes Regal, jeden Schrank wieder systematisch auszuräumen und die Dinge irgendwie an die für sie vorgesehenen Plätze zu schaffen. Das kann schon mal weitere ein, zwei Wochen dauern. Eventuell müssen noch Lampen oder Gardinen aufgehangen werden. Und auch immer ein Klassiker, Adapterstecker in großen Mengen einkaufen.
Eine sehr nervige Aufgabe ist auch das Organisieren der Kleiderschränke. Ich denke, außer in Deutschland, gibt es in fast allen Ländern eingebaute Kleiderschränke in den Häusern und Wohnungen, zumindest war das bei uns in USA, Südafrika und auch jetzt in Dubai so. Was natürlich nicht bedeutet, dass diese Schränke auch immer größentechnisch auf unsere mitgebrachte Menge an Kleidungsstücken abgestimmt sind. Schrecklich, kann ich dazu nur sagen.
Vor unserer Schlafzimmertür gibt es einen schmalen Wandschrank, in dem der Sicherungskasten versteckt ist. Ich habe momentan ein altes Bücherregal der Kinder in diesem Wandschrank versteckt, um ein wenig Raum für meine T-Shirts, Schuhe und Shorts zu schaffen. Das Kleiderschrank Volumen in diesem gemieteten Haus entspricht ganz klar nicht, unseren vorher immer hochgeschätzten und geliebten begehbaren Kleiderschränken. Aber gut, wer weiß, wie lange wir noch im Haus sind, denn momentan stecke ich mitten in einer erneuten Haussuche. Wir wollen kaufen.
Nebenbei erwähnt kann ich die Besichtigungstermine weiterhin nur an den Tagen planen, an denen die Kinder nicht im Distance Learning sind, was glücklicherweise nur etwa einmal in 1-2 Wochen ist, aber wiederum leider immer erst am letzten Wochenendtag für die kommende Woche um die Mittagszeit verkündet wird.
Ich mache die Steuererklärungen für Deutschland und Südafrika. Ich kümmere mich um die wöchentlichen Einkäufe, wieder ein Morgen pro Woche weg. Ich bin immer auf Abruf für die Kinder zu Hause, sollte mal die Schule auf Distance Learning umstellen müssen, so wie im Januar für fast einen Monat. Kümmere mich um Zahlungen fälliger Rechnungen und mache die Ablage. Bin immer noch dabei sicherzustellen, dass alle Adressänderungen korrekt ausgeführt wurden. Ich mache die Wäsche für vier Personen, sortiere all die Socken und Unterwäsche, überziehe Betten und sammle herumliegende Kleidungsstücke überall verstreut im Haus auf (machen das andere Mütter auch?). Ich bring die Kinder zum Schwimmunterricht, zur Tennisstunde oder zu sonstigen Aktivitäten. Mache die Elterngespräche der Schule und betreue die Hausaufgaben und das Lernen. Ich koche manchmal zweimal am Tag für alle, mache täglich alle Pausenbrote und Getränke für die Kinder, packe meinem Mann Obstboxen und mache täglich einen Salat für ihn.
Eine sehr große Herzensaufgabe ist es natürlich auch, all unsere Familienurlaube zu planen. Wir lieben Roadtrips und da geht das Herz einer Reiseverkehrskauffrau natürlich richtig auf. Da kann ich mich richtig austoben.
Zudem ist schon wieder die Besuchersaison eröffnet, heißt ich koordiniere nebenbei noch die Planungen und Organisationen hierfür.
Und eines sei erwähnt: Ich mache all das gerne. Jegliche Tätigkeit, die sich mit Hören von Podcast oder ebooks kombinieren lässt – versüße ich mir.
Aber ganz wichtig für mich und mal nur an mich gedacht: In einem neuen Land brauche ich immer ein NEUES größeres Projekt. Dieses Mal und eben für die Zukunft mein Blog EntdeckerGlück. Und dafür schaffe ich es meistens, mir in all dem Chaos der Arbeiten einen Gedankenfreiraum zu schaffen, um mich im Idealfall eine Stunde an den Wochentagen diesem Herzenswunsch zu widmen. Das verschafft mir pure Freude und gibt mir geistiges Futter.
Und noch angemerkt, auch wenn es vielleicht bei Instagram anders aussehen mag, ich gönne mir maximal einmal in der Woche einen Kaffeemorgen mit einer Freundin, ich habe sonst einfach keine Zeit dazu.
Aber ich kann euch garantieren, in den Ferien, wenn wir unterwegs sind, dann will ich entdecken! Und zu meinem großen Glück habe ich eine ganz tolle EntdeckerFamilie.
„Und was machst Du da so? – Ich hätte noch unzählige Ideen in meinem Kopf, was ich noch alles machen könnte, aber mir fehlen da irgendwie die Stunden am Tag, die Tage in der Woche und die Wochen im Jahr.